Dienstag, 2. Dezember 2008

Allein gegen die Mafia

Er nennt es eine «Ohrfeige für die Mafia», in Wirklichkeit ist es aber weit mehr als das. Der italienische Pater Don Luigi Ciotti hat mit seinen Freunden vor rund zehn Jahren ein Gesetz durchgesetzt, das die Mafia dort trifft, wo es für sie am schmerzhaftesten ist. Ihre häufig mit blutigem Geld gekauften Ländereien, ihre Immobilien und ihr sonstiger Besitz können seitdem vom Staat beschlagnahmt und an gemeinnützige Organisationen übergeben werden. «Wer der Mafia schaden will, muss ihr das illegal erworbene Eigentum wegnehmen!» Diese Erkenntnis setzt der sozial engagierte Priester mit dem von ihm gegründeten Netzwerk «Libera» («Frei») konsequent in die Tat um. Die Vereinigung, der mittlerweile mehr als 1300 Gruppen und Einzelpersonen von der Christlichen Arbeiterbewegung Italiens bis zu Sportverbänden angehören, verwaltet und bewirtschaftet auf Sizilien Weizenfelder, Weinberge und Gebäude, die einmal Top-Mafiosi wie Toto Riina, Giovanni Brusca oder Bernardo Provenzano gehört haben. Die Mafia reagierte auf diese Initiative mit der erwarteten Gewalt. Erntereife Weizenfelder wurden angezündet und Weinberge zerstört. Doch diese Einschüchterung greift längst nicht mehr wie früher. Pater Ciotti war auf den Widerstand der Mafia gefasst und organisiert nun in vielen Städten und Dörfern Informationstage. Er führt Anti-Mafia-Filme vor und lässt über sie diskutieren.
Der Film der Grimme-Preisträger Michael Busse und Maria-Rosa Bobbi zeigt die vielfältigen Aktivitäten Don Luigi Ciottis auf Sizilien und den alltäglichen Kleinkrieg mit einem unsichtbaren Gegner. Er könnte wieder stärker werden, denn die Regierung Berlusconi überlegt zur Zeit, ob der Staat nicht per Gesetz verpflichtet werden sollte, die beschlagnahmten Güter erneut zu privatisieren. Die Mafia könnte dann für einen symbolischen Preis ihren ehemaligen Besitz wieder zurückkaufen. Das Blutgeld hätte ein zweites Mal gewonnen.